Sonntag, 19. April 2015

Der Tag im Belower Wald.

Schon früh am Morgen brachen wir direkt nach dem Frühstück auf, um schon vor der offiziellen Gedenkfeier zur 70. jährigem Befreiung der Häftlinge im Belower Wald, uns das Gelände und die Ausstellung in Ruhe anzuschauen. 
Nach etwa 45 Minuten Fahrt erreichten wir den Belower Wald. Dort wurden wir herzlich von Carmen, der Leiterin der Gedenkstätte, empfangen, die uns eine kurze aber umfassende Einführung in die Geschichte des Geländes und der Ausstellung gab.
Sie erzählte die historischen Hintergründe, wie die Gefangenen von den Russen befreit wurden und die Geschichte des Hauses, das schon Opfer einiger Neonazi-Anschläge wurde. Dennoch erklärte Carmen, dass diese Gewalttaten sie nicht von der Arbeit mit dem Thema und der Open Air Ausstellung abhält, weil es wichtig ist solchen Anschlägen die Stirn zu bieten.  Die Ausstellung und den Wald besichtigten wir dann auf eigene Faust, lasen die Texte der Ausstellung, die uns zu interessanten Gesprächen innerhalb der Gruppe und mit den Betreuern brachten. Im Waldgebiet selbst konnten wir die in die Baumrinde eingeritzten Hinterlassenschaften der ehemaligen Gefangenen entdecken, was uns alle sehr bewegte und beeindruckte. 
Nach dieser ausgiebigen Besichtigung des Geländes blieb uns noch einige Zeit, bis die Gedenkfeier begann. Also machten wir uns mit den Bussen auf den Weg in den kleinen Nachbarort Grabow und gedachten dort auf einem kleinen Friedhof den Verstorbenen. Die restliche "Wartezeit" verbrachten wir mit "Werwolf" spielen und "Umstyling" der Jungs, bis irgendwann die Reisebusse mit den anderen Besuchern und den Zeitzeugen eintrafen. 
Daraufhin begann die offizielle Gedenkfeier mit geschätzt 500 Gästen. Leiter der Gedenkstätte Sachsenhausens, die Landtagsabgeordneten von Brandenburg und Mecklenburg Vorpommern, Zwi Steinitz (ein Zeitzeuge aus Israel) und eine Schülerin aus Wittstock hielten sehr ergreifende und interessante Reden. Zwi erzählte auf bewegende und gefasste Art einige Erlebnisse, die ihm während des Todesmarsches wiederfuhren. Besonders wichtig waren ihm die Solidarität, die die Häftlinge füreinander entwickelten und er bat die jüngere Generation darum, dass sie daran interessiert und engagiert sind, dass solche Verbrechen, wie sie im nationalsozialismus geschahen nie wieder passieren. Wir fühlten uns angesprochen und angespornt durch seine Worte. 
Als im Laufe der Feier auch noch ein holländischer Zeitzeuge spontan auf die Bühne kam, eine Schweigeminute für die Opfer verlangte und danach das Vater Unser auf Holländisch betete, kamen dem Großteil der Gäste die Tränen. Am Schluss der Feier legten unzählige Menschen Blumenkränze und Sträuße an dem Denkmal nieder. Im Anschluss gab es für uns und andere Schüler ein Zeitzeugen-Gespräch mit dem Franzosen Marcel Suillerant und einem Dolmetscher. Er erzählte von seiner Lebensgeschichte und wie er den Todesmarsch erlebte, dass er in Frankreich Widerstand geleistet hatte und wie er die Befreiung wahrnahm. Danach konnten wir ihm unsere Fragen stellen, die während seiner Schilderungen entstanden und erhielten ein ausführliche und zugewandte Antwort von ihm. Außerdem  gab es für alle Kaffee und Kuchen und wir trafen Heinz  Hesdörffer, den Überlebenden aus unserer Heimat Bad Kreuznach wieder, worüber sich beide Seiten wirklich freuten. 
Die Gedenkfeier neigte sich dem Ende zu, die vollen Reisebusse verließen das Gelände und auch wir machten uns verfroren bei den letzten Sonnenstrahlen auf dem Weg zurück zur Jugendherberge. 
Dort wartete das Abendessen und eine abendliche Runde, bei der wir uns gegenseitig mitteilten, was uns an diesem Tag am meisten beeindruckt hatte. Den Abend ließen wir mit Spielen uns guter Laune ausklingen. Denn trotz der ganzen Traurigkeit, die wir an diesem Tag sahen, lassen wir uns nicht unsere Lebensfreude nehmen. 





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